Sonntag, 20. Juni 2010

biegen und brechen

Das höchste Amt im deutschen Staat, dem aus Gründen der historischen Aufarbeitung nur wenig Macht zukommt - das geradezu zum unterwürfigen Kugelschreiberhalter, von dem jeder Widerspruch ein Ärgernis bedeutet, verkommen ist, steht nun im Fokus parteipolitischen Machtkalküls.
Von der Leyen ist ausgeschieden - zu unentbehrlich, um sie auf lange Sicht im Schloss Bellvue zu parken - zu sozial, um in den schweren Zeiten die schwarze Fahne in den Wind zu halten.
An ihre Stelle tritt nun Christian Wulff, der sich als Meister der Agitation, selbst in den eigenen Reihen, bewährt hat.
Dreht man diesen Spieß um, ist er der Ministerpräsident, der die erste Muslimin in seine Reihen aufgenommen hat - durch die schwarz-gelbe Brille gesehen ein Punkt, der ihn auch für die Opposition wählbar machen sollte.
Während Wulff sein Mandat in Niedersachsen aufgegeben hat und bereits auf gepackten Koffern sitzt, zankt erneut die gerade einjährige Regierungskoalliton - FDP-Anhänger werden Wulff abtrünnig, selbst die Kanzlerin lobt den Gegenkandidaten der SPD, Joachim Gauck, der von der CDU zuvor als Kandidat gegen Horst Köhler aufgestellt worden war.
Ein genialer Coup, den unparteilichen Gauck, dem Herzen aus ausnahmslos allen politischen Lagern zufliegen und der somit eine überparteilich gute Lösung wäre, gegen den eindeutigen Versuch der CDU, Bellvue unter schwarze Flagge zu stellen, im eigenen, roten Trikot auflaufen zu lassen. So genial dass er der Regierungskoalition einen heftigen Schlag versetzen könnte - selbst Schuld!
Das Amt des Präsidenten war nie als Aussenstelle einer Regierung, sondern als der Dorn im Auge gedacht, der Köhler viel zu selten war: Das offene Ohr an das Volk, um in dessen Namen von der Regierung durchgewunkenen Gesetzen einen Riegel vor zu schieben.